Das Yoga Sutra des Patanjali ist eine über 2.000 Jahre alte indische Weisheitsschrift, die das philosophische Fundament des Ashtanga Yoga bildet. Die Texte sind alles andere als verstaubt, denn Ashtanga Yoga kann wie ein gelebtes Yoga Sutra praktiziert und verstanden werden.
Schon der Name Ashtanga leitet sich hieraus ab. Denn in den Sutren wird der Yogaweg als 8-gliedriger Pfad beschrieben und diese acht Glieder nennt man auf Sanskrit „aṣṭau aṅgāni“.
Diese Acht sind aufeinander aufbauenden Stufen, die von außen nach innen und schließlich zur Erleuchtung führen sollen.
Das, was wir im Westen meist spontan mit Yoga verbinden, nämlich die Körperübungen (Āsanas), macht dabei nur einen Bruchteil des Gesamtpakets aus.
Es gibt fünf Yamas, die zum Einklang mit den Mitmenschen führen: ahiṁsā Gewaltlosigkeit, satya Aufrichtigkeit, asteya Nicht-Stehlen, brahmacharya Mäßigkeit und aparigrahāḥ Nichtbegehren.
Zeige Respekt vor anderen Menschen. Lasse Mitgefühl und Empathie den Umgang mit deinem gesamten sozialen Umfeld bestimmen.
Es gibt fünf Niyamas, die zum Einklang mit sich selbst führen: śauca Sauberkeit, saṁtoṣa Zufriedenheit, tapaḥ Selbstdisziplin, svādhyāya von sich selbst lernen und īśvara-praṇidhānāni Ergebenheit in das, was wir nicht ändern können.
Arbeite achtsam an dir – körperlich, geistig und spirituell. Sei dankbar und zufrieden mit dem, was da ist und mit dem, was nicht da ist.
Körperliche Bewegung führt zum Einklang mit dem eigenen Körper.
Übe regelmäßig, achtsam und konzentriert Bewegungsabläufe. Dein Körper ist der Spiegel des Inneren und kann auch als Zugang dazu genutzt werden.
Bewusste Atmung und Atemkontrolle führt zur Kontaktaufnahme und zum Einklang mit der eigenen Lebensenergie.
Aktiviere und lenke durch bewusste Atmung deine eigene Energie und kultiviere dadurch sowohl Ruhe als auch Kraft.
Der Rückzug der Sinne und der Perspektivenwechsel auf das Innere führt zum Einklang mit den eigenen Gefühlen.
Übe, dich selbst mit etwas Abstand objektiv zu betrachten. Sieh dich dadurch im neuen Licht und lerne dich selbst tiefer kennen.
Konzentration führt zu inner Ruhe und zum Einklang mit den eigenen Gedanken.
Benutze deinen Verstand statt dich von ihm benutzen zu lassen. Fokussiere losgelöst von allem Äußeren die Gedanken auf einen Punkt (z.B. Körperteil, Atmung oder ein Mantra) – Vorstufe zur Meditation.
Längeres Üben von Dharana führt zu Dhyana, der Versenkung oder Meditation.
Die ununterbrochene Konzentration auf einen Gedanken führt dich zur Fähigkeit eines starken Bewusstseins, auch ohne bestimmten Fokus.
Der Zustand absoluter Klarheit und Freiheit, auch Erleuchtung genannt. Ein Gefühl von Frieden und Liebe, von Erfüllung und dem Einswerden mit allem. Raum und Zeit sind außer Kraft gesetzt.
Dieser Zustand ist nicht von Dauer und manchmal nur wenige Augenblicke lang. Auch lässt er sich nur schwer beschreiben. Wer ihn erreicht, wird ihn erkennen. Alle anderen Glieder sind darauf ausgerichtet, Samādhi zu erreichen und auszudehnen.
Wenn sich eine Frage klar bejahen lässt, dann diese. Denn bereits der Name Ashtanga Yoga impliziert den Aspekt der Spiritualität. Er bezieht sich auf „aṣṭau aṅgāni“ (acht Glieder), einen Begriff aus dem Yoga Sūtra, das den Yogaweg als 8-gliedrigen Pfad beschreibt.
Für die meisten wird es überraschend klingen, dass Asana (Körperübungen) und Pranayama (Atemkontrolle) nur zwei dieser acht ausmachen. Noch davor stehen Yama und Niyama, eine Art Verhaltenskodex. Die restlichen Glieder sind nach innen gerichtet und sollen über Konzentration und Meditation zur Erleuchtung führen.
Der weithin gebräuchliche Name Ashtanga Vinyasa Yoga ist also grundlegend falsch. Denn er reduziert die Methode auf das rein Körperliche. Richtig heisst es also nur Ashtanga Yoga.
Es ist richtig, dass die acht Glieder nacheinander erlernt werden. Allerdings wird zu Beginn der Praxis vorausgesetzt, dass die ersten zwei (yama und niyama) bereits etabliert sind.
In unserer Kultur ist das nicht selbstverständlich, daher lernen wir sie – direkt und indirekt – gleichzeitig mit dem Einstieg in āsana, das dritte Glied. Hiermit zu beginnen ist sinnvoll, weil:
Die acht Glieder des Yogaweges lassen sich unterteilen in die äußeren und die inneren vier.
Das bedeutet dass die letzten vier nicht losgelöst von den ersten betrachtet werden können, sondern vielmehr das Ergebnis des intensiven Übens dieser sind. Siehe auch Ashtanga in der Praxis.
Chanting ist übrigens ein wertvolles ergänzendes Werkzeug und gilt als Praxis von Dharana.